Warum sich die Auseinandersetzung mit dem Thema "Sucht" lohnt?

Genauso unmöglich, wie es ist, die betrieblichen Kosten durch Alkohol- und Tabakkonsum in Euro und Cent umzurechnen, ist es auch, den betrieblichen Nutzen von Prävention und Intervention bei Risikofällen zu beziffern. Doch trotz der unterschiedlichen Schätzungen und Berechnungen der Kostenseite sollte jedem Arbeitgeber einleuchten: Die Kosten sind zu hoch.

Starke Raucher und Alkoholkranke sind öfter arbeitsunfähig, haben ein kürzeres (Erwerbs-) Leben, geringere körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, sind durch ihr Konsumverhalten samt Folgen nicht selten Ursache für innerbetriebliche Konflikte, sorgen für höhere Gesundheitskosten (und damit Krankenkassenbeiträge) und können, im Fall von Alkoholmissbrauch eine Gefahr für andere Mitarbeiter und für das Betriebsvermögen sein, weil sie häufiger an Arbeitsunfällen beteiligt sind.

Mit einer Überschlagsrechnung können Unternehmen den Schaden durch Alkohol wie folgt errechnen: Ausgehend von der Annahme, dass jeder 20. Mitarbeiter ein ernstes Alkoholproblem hat, das zu 25% reduzierten Leistungen führt, ergibt sich die Formel: (Anzahl der Mitarbeiter x 5%) x (jährlicher Durchschnittslohn x 25%) = jährliche Kosten durch Alkoholmissbrauch. Im Fall von Tabak geht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung davon aus, dass Raucher allein die Betriebe 12,4 Mrd. Euro pro Jahr kosten – 4,7 Mrd. durch Arbeitsunfähigkeit, 23,4 Mrd. durch Frühverrentung, 4,3 Mrd. durch frühzeitigen Tod; dazu schlagen rund 7 Mrd. für Gesundheitsversorgung und Rehabilitation zu Buche. Die betrieblichen Kosten für AU-bedingte Umorganisationen, Neueinstellungen und Ausbildung, Wissen- und Erfahrungsverlust kommen hinzu, auch wenn sie seriös kaum zu beziffern sind.

Wo die Kosten nicht exakt zu bemessen sind, können natürlich auch „Gewinne“ im Sinn von Einsparungen oder verbesserter Produktivität nicht im Detail benannt werden. Auf der anderen Seite ist angesichts der Summen auch niedriger Kostenschätzungen der „Investitionsaufwand“ für die Betriebe äußerst gering: Es gibt zahlreiche gute Ratgeber, Konzepte und Einzelmaßnahmen zur Behandlung der Suchtmittelproblematik im Betrieb, grundsätzlich verfügen Unternehmen über den betriebsärztlichen Dienst oder den Arbeits- und Gesundheitsschutz über eigene personelle Ressourcen und sie können zudem auf die Unterstützung von Kranken- oder Unfallkassen zurückgreifen, bei besonderem Bedarf auch auf freie externe Experten.

Letztlich kommt natürlich auch eine Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Bilanz der Betriebe zu Gute. Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels kann es sich eine Volkswirtschaft nicht leisten, wenn durch gesundheitsschädliches Konsumverhalten Lebensarbeitsleistung verloren geht, fachliches Know-How wie betriebliches Erfahrungswissen frühverrentet wird und die Lohnnebenkosten durch steigende Gesundheits-, Renten- und Arbeitslosenausgaben steigen.